Wie humorvoll kann Lokalfernsehen sein?


„Wissen Sie“, so erzählt David Hinzmann, „meine Oma liebt es, aus dem Fenster zu sehen und über die Menschen zu sprechen, die in ihrer Straße leben und die sie seit 30 Jahren kennt. Und so fing auch meine Liebe zum Lokalfernsehen an.



Genauso wollte Hinzmann, der bei Leipzig Fernsehen als Autor und Reporter arbeitet, Fernsehen machen. All diese verschiedenen Gesichter aus dieser recht kleinen Welt beobachten und gleichzeitig ein Teil dieser Familie sein. Schließlich spielen nach Ansicht Hinzmanns die Geschichten direkt vor der Haustür, hier hätten aber auch unsere Ängste und Probleme ihren Ursprung und nicht in Berlin und Mainz bei den großen Sendern. Besonders angetan haben den Fernsehmann aber die skurrilen und komischen Momente aus dem täglichen Leben. Genau für diese Geschichten ist der 1986 in Borna geborene Fernsehjournalist mittlerweile auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Mit seinem markigen Humor und einer oft grotesk überzeichneten Satire hat er sich im Filmbusiness aber nicht nur Freunde gemacht. So lässt er schon mal bei einer Live-Sendung die Lokal-Politiker nach ihrer Attraktivität von seinen Zuschauern bewerten. „Trotzdem oder gerade deshalb“, so Hinzmann verschmitzt lächelnd, „hat der Sender bei meinen Ideen mittlerweile alle Widerstände aufgegeben.“

Nicht zuletzt, weil Hinzmann für seine Beiträge auch deutschlandweit Beachtung findet. So erhielt er für seine Parodie „Weltuntergang in Leipzig“ den renommierten Lokalfernsehpreis REGIOSTAR 2013. Darin berichtet Hinzmann als Reporter über Kometeneinschläge, Überschwemmungen und die „beliebte“ Umweltzone, die die gesamte Wirtschaft der Stadt lahmgelegt haben. Zudem haben Außerirdische die Stadt in ihrer Gewalt. Infolgedessen hat in der Fiktion auch der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung die Flucht in seine alte Heimat Siegen angetreten. Noch heute freut sich Hinzmann diebisch über diesen Beitrag. Ist doch der Film nicht nur ein gelungener Seitenhieb auf den letzten Tag des Maya-Kalenders, sondern zugleich auch ein „flammender Aufruf“ gegen das tägliche „Gemecker“ der Menschen! „Ich habe oft das Gefühl, in Leipzig geht die Welt jeden Tag unter“, so Hinzmann. Gern verweist er dabei auf die Kommentare auf den Webseiten der ostdeutschen Lokalsender. „Die Menschen hier, und dazu zähle ich auch, jammern einfach gerne. Natürlich gibt es Probleme und Problemchen, wie korrupte Politiker, triste Plattenbausiedlungen, nervige Unterhaltungskünstler und Arbeitslosigkeit“, so der Fernsehmacher. Ein Untergang wie in unserem Film sei das jedoch alles nicht!




Was Hinzmann allerdings am meisten stört, ist, dass sich die Lokalsender schlicht und ergreifend nicht trauen, auch mal etwas Parodistisches zu wagen. Zu eng und hinderlich seien seiner Ansicht nach die Kontakte zur Politik und damit auch zur so wichtigen Wirtschaft. Aber man dürfe nicht vergessen, dass der Oberbürgermeister nicht der Bundeskanzler ist. Schließlich begegne man ihm fast täglich auf der Straße. Aber auch Hinzmann weiß aus eigener Erfahrung, dass man mit Satire schnell auch mal daneben langen kann. Gerade in so einer kleinen Welt wie Leipzig ist dann schon mal ein „hohes Tier“ beleidigt. Zum Glück ist Hinzmanns Studioleiter, Tobias Meier, ein Kabarettist...

Mittlerweile verliert Leipzig Fernsehen, dank des unermüdlichen Einsatzes von David Hinzmann, das humoristische Genre keine Woche mehr aus den Augen. So war der Reporter zum Frauentag mit einem Kollegen in der Wohnung einer Zuschauerin zum Toiletten-Putzdienst, Aufwaschen und Fenster reinigen. „Da haben wir uns nicht nur nette Kommentare eingefangen“, erzählt Hinzmann. Aber auch jetzt steht das Ideenrad des Satiremeisters nicht still. Gerade sei man dabei, eine nächste große Geschichte aufzusetzen, so Hinzmann geheimnisvoll. Allerdings dürfe von dieser der Chef noch nicht wissen, „sonst zieht er uns den Stecker“! Dafür verrät uns der junge Filmemacher, dass er sich auch 2014 wieder um den REGIOSTAR bewerben will. Schließlich bleibt Hinzmann nach eigenen Aussagen auch gar nichts anderes übrig, als beim Fernsehen zu bleiben: „Denn ohne Abitur kann ich weder Tierärztin noch Krankenschwester werden“. Bei soviel charmantem Witz haben wir in Sachen Humor auch künftig noch Einiges aus Leipzig zu erwarten!